Immer mehr Hersteller beginnen damit, ihre Produkte online direkt an EndkonsumentInnen zu verkaufen. Durch die steigende Relevanz des eigenen Onlineshops werden sie damit zu direkter Konkurrenz ihrer Einzelhandelspartner. Der entstehende Mitbewerb führt zu Kannibalisierungseffekten und verursacht Konflikte am Markt. Um herauszufinden, in wie weit Hersteller-Onlineshops im Vergleich zu Händler-Onlineshops bei EndkonsumentInnen in Österreich wahrgenommen werden, wurde eine umfangreiche Studie im Zuge einer Masterarbeit an der FH Wr. Neustadt am Campus Wieselburg durchgeführt.
Studiendesign & Zielsetzung
Ziel dieser Studie war es, die Nutzerakzeptanz der österreichischen EndkonsumentInnen von Hersteller-Online-Shops im Vergleich zu Händler-Online-Shops zu untersuchen um darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für produzierende Betriebe und deren Vertriebsstrategie abzuleiten. Dabei wurden die Nutzungshäufigkeiten beim Kauf von 13 relevanten Produktkategorien für den Online-Handel (u.a. Fashion, Schuhe, Elektrogeräte, Bücher, Sport/Outdoorartikel) pro Online-Shop-Art ermittelt. Zudem wurden die Gründe für Nutzung sowie die damit einhergehenden Vorteile der beiden Arten von Online-Shops erfragt.
Im Zuge der Untersuchung wurden im ersten Schritt insgesamt 6 qualitative Interviews geführt, um die Relevanz der einzelnen Produktkategorien zu ermitteln sowie Nutzungsmotive und Vorteile von Hersteller- und Händler-Online-Shops abzuleiten. Im zweiten Teil der Studie wurden die Ergebnisse anhand eines Online-Fragebogens quantitativ überprüft. Die Zielgruppe der Studie waren aktive Online-Shopper aus Österreich, welche erwerbsfähig (16-65 Jahre) sind und bereits in einem Hersteller- und Händler-Online-Shop eingekauft haben. Insgesamt nahmen 328 Personen an der Online-Befragung Teil.
Ergebnisse
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass österreichische KonsumentInnen alle betrachteten Produktkategorien häufiger in Händler-Online-Shops kaufen – vor allem bei Low-Involvement-Produkten. Unabhängig von der Produktkategorie schneiden Hersteller-Online-Shops hingegen beim Kauf von High-Involvement-Produkten besser ab. Bei High-Involvement-Produkten setzen sich KonsumentInnen intensiv mit dem Produkt auseinander, wodurch eine aktive Informationsverarbeitung stattfindet. Dies sind meist risikoreichere Kaufentscheidungen, teure oder komplexe Produkte, die eher seltener gekauft werden (z.B. Auto, Elektrogeräte etc.). Im Gegensatz dazu werden Low-Involvement-Produkte aus Gewohnheit und regelmäßig gekauft. Diese sind meist günstiger und der Kauf ist mit einem geringen Risiko verbunden. Es wird selten darüber nachgedacht, welche Marke gekauft werden soll (z.B. bei Lebensmittel, Hygieneartikel). Die Zuordnung von einzelnen Produktkategorien zu einem Involvement-Grad ist hingegen nicht immer eindeutig und von individuellen Bedürfnissen und Interessen abhängig. Weiters werden bevorzugt Händlershops genutzt, wenn Produkte mehrerer Marken bestellt werden, da sie ein größeres Sortiment aufweisen und die Produkte besser verglichen werden können. Auch die gesammelte Lieferung ist ein wichtiges Argument für den Händler-Onlineshop. Hersteller-Online-Shops punkten hingegen, wenn eine bestimmte Marke präferiert wird, da hier das gesamte Markensortiment entdeckt werden kann. Zudem gibt es vermehrt die Möglichkeit Produkte zu individualisieren, was von den Probanden als Mehrwert empfunden wird.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie zeigen Hersteller-Online-Shops vor allem beim Kauf von High-Involvement Produkten im Vorteil. Bei Low-Involvement Produkten und Produkten des täglichen Bedarfs werden hingegen Händler-Shops von den KonsumentInnen bevorzugt. Die Hauptgründe hierfür stellen die größere Produktauswahl sowie eine einfache Bestellabwicklung durch einen gesammelten Warenkorb dar.
Abschließend kann gesagt werden, dass beide Arten von Online-Shops ihre Daseinsberechtigung haben, es gilt jedoch für Unternehmen diese nicht gegeneinander auszuspielen, sondern Synergieeffekte zu nutzen, um den langfristigen Unternehmenserfolg sicherzustellen. Folgende Grafik soll dabei eine einfachere Zuteilung zu den beiden zentralen Vertriebsstrategien für Hersteller ermöglichen:
